Literarische Abenteuer. Der Lesemonat im Rückblick, 01/2021

Und schon ist er vorbei, der erste Monat des neuen Jahres…

Im Monatsrückblick lasse ich nochmal die Leseerlebnisse und -Eindrücke der vergangenen Wochen Revue passieren.

Die Buchvorstellungen der Monatsrückblicke sind kurz und bündig – zur tiefergehenden Rezension und Analyse folge dem jeweiligen Link hinter den Buchtiteln.

Hier sind meine Eindrücke und Gedanken zum Lesemonat Januar.


Young-ha Kim: „Aufzeichnungen eines Serienmörders

© cass Verlag

Das spannende Schicksal des 70-Jährigen Serienmörders Byongsu Kim, die Progression seiner Erkrankung an Alzheimer und die Schlacht zwischen Tod und Vergessen bieten in der Tat ein außergewöhnliches und vor allem hochspannendes Leseerlebnis – denn als letzten Akt seiner Lebensgeschichte plant Byongsu Kim den Mord eines höchst gefährlichen Gegners.

Die zunehmende Dekonstruktion des Protagonisten wird auch auf visuelle Art und Weise realisiert: die Seitenzahlen im Buch verblassen, sodass die Reihenfolge der Einträge verunsichert wird. Die aus dem Text gerissenen kontextfreien Sätze auf dem Buchdeckel sind zum Teil ebenso vergilbt gedruckt, wie die Erfahrungen und Erinnerungen, die ihnen zugrunde liegen.

Young-ha Kims Roman bietet ein einzigartiges, nuanciertes, spannendes Leseerlebnis und ist unbedingt zu erkunden.

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Bov Bjerg: „Serpentinen

© Ullstein Verlag

„Serpentinen“ (2020) von Bov Bjerg handelt von den Komplikationen einer Vaterrolle und der generationenübergreifenden Verarbeitung von familiären Traumata. Die Mission des Protagonisten ist zum einen die Konfrontation mit und Überwindung der eigenen Herkunft, das Entkommen aus den von familiären Bänden und Traumata gestellten Grenzen und Rahmen.

Zum anderen möchte er die ewige Wiederkehr des Gleichen im Interesse des eigenen Werdegangs umgehen. Und idealerweise seinen Sohn vor einer grausamen Zukunft retten.

Vieles misslingt.

Woran es einerseits hängen bleibt, ist die fehlende Narrative im Roman. Ein weiteres Problem ist das Nichtsprachliche im Sprachlichen. Schließlich wird das narratologische Vorgehen durch den Erzähler selbst entlegitimiert, da seine Erinnerungen wohl doch nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Die Fahrt am Rande des GroBedKi wird immer aussichtsloser.

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Alena Schröder: „Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid

© dtv

„Junge Frau, am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid“ (2021) von Alena Schröder ist eine generationenübergreifende Erzählung über Frauenschicksale und Familiengeheimnisse zwischen 1922 und 2016. Die Handlung greift über die 27-Jährige Hannah zurück zu deren Urgroßmutter Senta.

Zwischen zwei Biografien springend spielt der Roman hauptsächlich in Berlin und beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Nationalsozialismus, dem Kunstraub der Nazis, den Pflichten und Lasten, die einer Mutter und einer Frau zufallen. Überraschend viele Parallelen bilden sich zwischen den Jahrzehnte voneinander entfernten Lebensgeschichten der weiblichen Hauptfiguren ab.

Der Stil des Buches ist durchgehend lobenswert, auch kompositorisch ist das Buch gelungen. Auf den zweiten Blick machten mich jedoch die historischen Details und eine zunehmende inhaltliche Naivität stutzig.

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Julia Phillips: „Das Verschwinden der Erde

© dtv

Der Krimiroman „Das Verschwinden der Erde“ von Julia Phillips besteht aus zwölf ineinandergreifenden Geschichten aus Kamtschatka – jede gefüllt mit kulturellem Nippes und Informationsperlen über das soziopolitische Klima in der Stadt Petropawlowsk sowie kleineren Dörfern und Gemeinden auf der Halbinsel.

Die geschilderten kulturellen Kontexte und Informationen zum grauen Alltag am Rande der Welt sind absolut faszinierend: Phillips zeigt starke Frauen, die sich gegen konservative Familienstrukturen, grenzwertige klimatische Umstände und grobe, egoistische Männer behaupten müssen. Sie sind junge Mütter, Wissenschaftlerinnen, Beamtinnen – und vor allem selbstbewusste Individuen.

Auf den zweiten Blick ist die Vertiefung in Charakterbeschreibungen jedoch gar nicht das Ziel der Autorin. Vielmehr möchte sie auf die Diskriminierung der Urvölker, die Konflikte zwischen den Stammesvölkern und den eingewanderten Russen hinweisen. Die daraus entstehenden Probleme und Spannungen auf individueller Ebene werden von den einzelnen Erzählungen lediglich illustriert.

„Das Verschwinden der Erde“ ist ein starker und spannender, kulturell reflektierter Roman, der auf den zweiten Blick nur noch interessanter wird.

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Und nun bin ich gespannt auf eure besten und schlimmsten Leseerfahrungen im vergangenen Monat!

Auf eure Resonanz in den Kommentaren freue ich mich.


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1 Antwort

  1. Liebe Sandra,
    wir haben nur „Das Verschwinden der Erde“ gelesen, da wir uns für Kamschatka interessieren. Uns hat das Buch gut gefallen, wenn auch die Frauen nach unserer Beobachtung dort etwas idealisiert dargestellt sind. Wie hier die Frauen dargestellt werden, trifft auf ganz Sibirien zu.
    Keep healthy and happy
    The Fab Four of Cley
    🙂 🙂 🙂 🙂

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  1. Literarische Abenteuer. Der Lesemonat im Rückblick, 02/2021 – Sandra Falke

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