Literarische Abenteuer. Der Lesemonat im Rückblick: #nonfictionnovember

Ergänzend zur üblichen Monatsübersicht blicke ich diesmal im Rahmen des #nonfictionnovember auf die im November gelesenen Sachbücher.

Als studierte Literaturwissenschaftlerin und allgemein wissensbegierige Person erfreue ich mich an Sachbüchern genauso sehr wie an Belletristik – daher war es mir ein Vergnügen zu entdecken, dass bei NetGalley auch in dieser Kategorie ein reichliches Angebot an Leseexemplaren besteht. Dementsprechend habe ich mich regelrecht im Lesepensum gewälzt im Laufe dieses Monats, und kann nun einige Eindrücke teilen.

Folgend meine Gedanken zu den im November gelesenen Sachbüchern.


Will und Ariel Durant: Die Lehren der Geschichte

Will und Ariel Durant geben in ihrer Schlussfolgerung für die Monografie „Die Lehren der Geschichte“ mit eigenen Worten eine sehr passende Zusammenfassung des Bandes: „Wir haben eine so reiche Geschichte, dass wir darin Beispiele für fast jede Schlussfolgerung finden können.“ (S. 108)

An diese Reichhaltigkeit haben die Historiker angeknüpft, indem sie in kurzen Kapiteln alle möglichen Aspekte der Menschheitsgeschichte ansprechen: Geografie, Biologie, Moral, Religion und andere. Die übersichtlichen Zusammenfassungen behalten eine gute Balance zwischen westlichen und östlichen Kulturen, diversen historischen Epochen, Beispielorten und -Zeiten.

Für eine tiefergehende Lektüre bieten sich die zahlreichen Literaturhinweise an, denn obwohl das Buch sehr übersichtlich und knapp gefasst ist, merkt man spätestens an dieser Liste, dass die Autoren einiges an Vorrecherche geleistet haben. Der Band ist zwar an sich wirklich sehr knapp, und die Autoren kündigen selber an, dass nur „ein Narr“ sich an ein Unternehmen wie ihres heranwagen würde. Dennoch sind in diesem Band genügend Anreize zur weiteren Recherche gegeben.

An diesem Buch findet beiderlei Freude: Ein Hobbyhistoriker, der genügend detailreiche Geschichtsbücher im Regal stehen hat, und sich einen kurzen Überblick verschaffen möchte, und ebenso der Schnupperforscher, der nicht so genau weiß wo er eigentlich anfangen sollte.

Bibliografie:

Titel: Die Lehren der Geschichte
Autor: Durant, Will; Durant, Ariel
Seitenzahl: 144
Erscheinungsdatum: 15.09.2020
Verlag: FinanzBuch Verlag
ISBN: 9783959723688

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Gunnar Decker: Zwischen den Zeiten

Der Autor selbst formuliert in den ersten Kapiteln den Anspruch seiner Monographie „Zwischen den Zeiten“: „Dieses Buch will keine soziologische Studie sein, auch keine Politik-, nicht einmal eine Kulturgeschichte […]. Ich suchte nach Bildern für die Schlussphase der DDR – und damit korrespondierend immer auch für jene der Sowjetunion.“

Es handelt sich eher um eine Ansammlung von Eindrücken, die Autoren, Regisseure, Politiker und Akteure des Kulturlebens in der DDR in der 2. Hälfte des Jahrhunderts hinterlassen haben: Decker reflektiert Romane, Theaterstücke, historische Ereignisse und ihre Berührungspunkte. Am genauesten trifft den Ton wohl die eigene Bezeichnung des Autors als „»kontrafaktische« Geschichtsbetrachtung“.

Der Band ist in vielerlei Hinsicht problematisch: im Stil und Ton unterscheiden sich die aneinandergereihten Fragmente sosehr, dass man auch als Leser von Biografien und Memoiren ein wenig verwirrt zwischen den unvermittelten Kapiteln stehen bleibt. Der sachliche Ton wird von willkürlich erscheinenden Ausrufesätzen unterbrochen; das persönliche Memoire von eng kontextualisierten Historien, deren Zusammenhänge unklar bleiben.

Während die Berührungspunkte zwischen Sowjetunion und DDR interessant zu betrachten und Deckers literarische Analysen durchaus fließend zu lesen sind, stören zu oft unbegründete Wertungen, exzentrische Ausrufesätze und das unstrukturierte Gesamtbild.

Weder als Kulturgeschichte, Ansammlung literarischer Eindrücke noch als Memoire hat „Zwischen den Zeiten“ überzeugt.

Bibliografie

Titel: Zwischen den Zeiten. Die späten Jahre der DDR
Autor: Gunnar Decker
Seitenzahl: 432
Erscheinungsdatum: 22.09.2020
Verlag: Aufbau Verlag
ISBN: 9783351037406

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Clare Carlisle: Der Philosoph des Herzens

„Der Philosoph des Herzens“ von Clare Carlisle liest sich zum Teil wie ein Roman für jüngeres Publikum, da der Sprachgebrauch in vielerlei Hinsicht sehr einfach, leicht und fließend ist.

Dennoch ist das Buch keineswegs als simple Auseinandersetzung abzutun, denn die Autorin greift in ihrer entspannten Art ganz raffiniert die von Kierkegaard besprochenen Zusammenhänge innerhalb seiner Philosophie, der Wechselwirkungen seiner Vorbilder und die entsprechenden biografischen Kontexte zusammen – und kommuniziert deren Zusammenspiel auf eine sehr verständliche und gut zu verfolgende Art und Weise.

Wie Kierkegaard seine Einflüsse entdeckte, warum seine Herangehensweise an Antike Denker wie Platon oder  Mittelalterliche Strömungen wie die Reformation sich von der Zeit der Vorbilder stark unterscheidet, und wie die Ereignisse im persönlichen Leben den Autor Kierkegaard beeinflusst haben – all dies wird von Carlisle auf eine einfühlsame und doch fundierte Art zusammengefasst.

Der Stil der Monografie ist zum Teil sehr feminin, man würde vielleicht sogar „träumerisch“ sagen – und dennoch ist anhand vielerlei direkten Zitaten aus Briefen und Sekundärquellen eine fundierte Studie zu Kierkegaard entstanden, die ein sowohl ein inhaltlich informatives als auch als Zeitvertreib angenehmes Leseerlebnis ermöglicht.

Für Interessenten der Philosophie und Biografie-Fans eine klare Leseempfehlung!

Bibliografie

Titel: Der Philosoph des Herzens: Das rastlose Leben des Sören Kierkegaard
Autor: Clare Carlisle
Seitenzahl: 464
Erscheinungsdatum: 24.10.2020
Verlag: Klett-Cotta
ISBN: 9783608982244

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Wolfram Eilenberger: Feuer der Freiheit

„Feuer der Freiheit“ ist eine unglaublich spannende historische Erzählung über zentrale Figuren der europäischen Kulturgeschichte. Eilenberger findet das exakte Gleichgewicht zwischen den menschlichen Eigenarten der Personen, ihrer gegenseitigen Wirkung und Wechselwirkung, und ihrer Rolle in der Kulturhistorie des 20. Jahrhunderts.

Der Text ist zwar gefüllt mit Fakten und Zitaten, doch sind die Ereignisse so fließend und reichhaltig erzählt und die Kapitel so gekonnt ineinander abgestimmt, das die ordentlich heftige  informative Bagage eher im Hintergrund bleibt.

Vordergründig ist „Feuer der Freiheit“ eher eine spannende Geschichte als ein Sachbuch.

Dass die Personen de Beauvoir, Sartre und andere im Buch behandelte Biografien viele interessante Aspekte zur Ergänzung bieten, ist selbstverständlich und dem Geschichtsinteressenten bereits bekannt – und doch erläutert Eilenberger die Kontexte und Bindungen zwischen den historischen Figuren auf eine Interesse weckende, spannende und weiterführend reflexive Art.

Daher ein Muss für Biografie-Liebhaber und Interessenten der Zeitgeschichte.

Bibliografie

Titel: Feuer der Freiheit: Die Rettung der Philosophie in finsteren Zeiten (1933-1943)
Autor: Wolfram Eilenberger
Seitenzahl: 400
Erscheinungsdatum: 19.09.2020
Verlag: Klett-Cotta
ISBN: 9783608964606

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Lest ihr auch in eurer Freizeit gerne Sachbücher? Oder seid ihr noch mitten im Studium und beschäftigt euch eh täglich mit wissenschaftlichen Texten? Habt ihr am #nonnfictionnovember teilgenommen oder wusstet ihr überhaupt von der Aktion?

Auf eure Resonanz freue ich mich in den Kommentaren.

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Kategorien:Home, Sachbuch

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  1. Vom #nonnfictionnovember habe ich vorher leider nichts gewusst. Vielleicht nehme ich mir das auch mal für den nächsten November vor. 🙂 Leider lese ich wenig Sachbücher. Dieses jahr habe ich versucht das auszutricksen und mir bei meinen 20 Buchvorsätzen für 2020 wenigstens mal 3 Sachbücher vorgenommen. Vielleicht bin ich nächstes Jahr besser. Die von dir vorgestellten Bücher klingen sehr spannend, v.A. das über Kierkegaard macht mich sehr neugierig.

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    • Mir ist die Aktion tatsächlich auch ganz zufällig auf Instagram über den Weg gelaufen, aber das Timing hat gerade sehr gut gepasst. 🙂 Ich habe ebenso immer das Gefühl, weniger Sachbücher zu lesen, als ich eigentlich möchte. Sicherlich ein Guter Vorsatz für 2021, z.B. ein Sachbuch pro Montag zu schmökern. Den Kierkegaard-Band kann ich empfehlen!

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