Kunst und Literatur divergieren in Form und Umsetzung, treffen mit ihren Zielen und Themen jedoch oft an gleicher Stelle zusammen. Sie stellen zeitgenössische Brennpunkte dar, überschreiten Normen und Grenzen, bewirken ästhetische und gesellschaftliche Zäsuren.
Bieten Bücher über Kunstwerke eine authentische Symbiose in Druckform – oder ermöglichen sie nur einen Abglanz des Echten zu erhaschen?
Heute gehe ich dem Konzept des Kunstbuchs aus einer persönlichen Perspektive auf den Grund – und zeige, warum das Medium einen zweiten Blick wert ist.
Als absolute Liebhaberin von Kunstgeschichte, Kunst- und Fotoausstellungen war ich zu meiner Zeit in Frankfurt am Main (von 2014 bis 2020) stolze Besitzerin einer Museumsjahreskarte und besuchte so ziemlich jede Ausstellung, die irgendwie in meinen thematischen Rahmen passte.
Nicht nur im Kurzurlaub in deutschen Städten, sondern auch auf meinen Europareisen habe ich mich immer um einen Besichtigungstag in einem oder mehreren lokalen Museen bemüht.
Da beispielsweise die Surrealisten mich ansprechen, unternahmen wir während unseres Spanien-Urlaubs im Jahr 2016 einen Tagestrip nach Figueres zum Dalí-Museum – ein Besuch, der sicherlich zu meinen absoluten Reisehighlights zählt.

Insofern besitze ich zum Thema Museumsbesuche und Ausstellungen ein reichhaltiges, internationales Erfahrungskonto und nehme gerne Zeit und Mühen in Kauf, um die eine oder andere Ausstellung besuchen zu können.
Über persönlichen Geschmack bezüglich Kunst auszuufern würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen, weswegen ich mich im Weiteren aufs Thema Pro und Contra des Kunstbuchs konzentriere. Wer jedoch interessiert ist, hinterlasse mir sehr gerne einen Kommentar – am liebsten mit eigenen Präferenzen (Künstler, Thema, Land oder anderer Stichpunkt – wie es Dir beliebt!).
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Kunstbücher werden entweder begleitend zu einer Ausstellung oder als Künstler- Epochen oder Themenportraits produziert und imponieren in den besten Fällen sowohl als ästhetisches Dekorationsstück als auch umfangreiches Sachbuch.
Wenn jedoch die Druckausgabe keine Ergänzungen mit sich bringt und nur zusätzliches Gewicht im Reisekoffer bedeutet: lohnt sich der Erwerb eines Kunstbuchs wirklich?
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Auf Reisen mit limitiertem Gepäck und mehrstündiger Tagesplanung zu Fuß lautet die klare Antwort natürlich „nein“: man saugt die Eindrücke schnell auf, gönnt sich einige Stunden im jeweiligen Kulturraum, sättigt die Augen und den Geist, macht ein paar Schnappschüsse – und vorbei ist der Museumsbesuch.
Ich meinerseits mache immer Fotos von den mich am meisten interessierenden Gemälden, den Begleittexten und dem Ausstellungstitel, um eine kohärente Erinnerung im digitalen Fotoalbum zu erhalten. In diese Ordner schaue ich dennoch eher selten rein.
Ab und zu ärgere ich mich, kein Buch gekauft zu haben – treffe jedoch diejenigen Künstler:innen, die mir besonders gefielen, meistens in anderen Museen wieder. Ein Kunstbuch nur als Begleiter für ein gewisses Museum zu erwerben empfinde ich persönlich also eher als überflüssig (es sei denn, man ist tiefer am konkreten Ort / an der Sammlung / etc. interessiert – aus dem Prado habe ich einen Guide mitgenommen, aus dem Louvre nicht…)
Nun aber konkreter zu Kunstbüchern, die bestimmte Ausstellungen begleiten oder Künstler:innen porträtieren.
Ausstellungen an sich, solange es sich nicht um die Dauerausstellung handelt, sind meistens ca. für drei bis neun Monate im jeweiligen Museum zu erspähen. Wenn gewisse Ausstellungen in meiner Stadt hochgradig interessant sind, gönne ich sie mir auch mehrmals – „Fantastische Frauen“ oder „Glanz und Elend in der Weimarer Republik“ habe ich in der Schirn in Frankfurt beispielsweise mehrmals besucht.
Hat man sich dann sattgesehen, ist auch kein Buch zum Thema mehr notwendig – bis man Jahre später wohlwollend an die großartige Kuratierung zurückdenkt und sich dann doch auch das Buch bestellt (ich, jetzt, zu beiden Ausstellungen).
Besonders praktisch ist es zu Pandemiezeiten, in denen Ausstellungen unerwartet verschoben und Museen geschlossen werden, sich dennoch über Aktuelles zu erkunden und die Ausstellung in gedruckter Form nach Hause zu bestellen.
Zwei empfehlenswerte Ausgaben schmücken daraus resultierend nun mein Kunstbuchregal.

Sosehr ich auf meine erste Museumserfahrung als frischgebackene „Berlinerin“ im Winter 2020 hibbelte, blieb der Besuch der Ausstellung „Dekadenz und dunkle Träume. Der belgische Symbolismus“ in der Alten Nationalgalerie leider aus pandemischen Gründen aus.
Glücklicherweise produzierte der Hirmer Verlag ein Begleitbuch zu dieser faszinierenden Ausstellung, das ich persönlich nur wärmstens empfehlen kann.
Das Buch ist in diesem Fall eine wirklich gut gelungene Ergänzung zur typischen Text-Bild-Kontext-Kombination der Ausstellung selbst: Vorab beinhaltet es acht Essays zu diversen Schwerpunkten des belgischen Symbolismus; erst in der zweiten Hälfte wird der Katalog mit den jeweiligen Kurztexten eingebettet.
Ebenso positiv ist die visuelle Gestaltung zugunsten des Kunstwerks: die jeweiligen Bilder werden als hochwertige A4-Drucke separat von den Textbegleitungen präsentiert, sodass man sich beim gemächlichen Durchblättern fast wie bei einer Ausstellung vorkommt.
Das Buch ist ebenso als englischsprachige Ausgabe unter dem Titel „The sensual gaze into the abyss – the morbid pictorial world of Belgian Symbolism“ erhältlich.

Ein weiterer Museumsbesuch, der leider ausfallen muss, gilt einem von mir bereits mehrmals bereisten Ziel: Wien.
Im dortigen Museum Albertina findet bis 19. Juni 2022 die Ausstellung „Edvard Munch im Dialog“ statt – die ich trotz Interesse am Künstler aus rein zeitlichen und logistischen Gründen nicht besuchen werde.
Allerdings ist im Prestel Verlag ein Katalog zur Ausstellung erschienen, der nun in mein Regal einziehen durfte und als Ersatz für die Ausstellungserfahrung gilt.
Ersetzt die Lektüre eines Begleitbuchs den Ausstellungsbesuch allerdings tatsächlich erfolgreich – oder kann sie nur als Ergänzung dienen?
Um nochmal auf allgemeinere Aspekte zurückzukommen: ein Museumsbesuch selbst ist – je nach Tag und Ort – oft mit Zeit- und Energieraub verbunden, wenn man lange anstehen muss, sich in lärmenden Massen fortbewegt und den ruhigen Moment vor dem Lieblingswerk gar missen muss.
In dieser Hinsicht sind Museumsbesuche aktuell dank Limitierungen der Besucherzahlen und Zeitfensterreservierungen wesentlich angenehmer geworden: man*frau fühlt sich meistens, als ob der ganze Raum reserviert wäre, da nur eine Handvoll Personen gleichzeitig ins Museum darf.
Daher wäre – sobald die Welt nicht mehr aktiv an Pest und Krieg untergeht – denjenigen, die sich von Menschenmassen eher gestört als beflügelt fühlen, die Lektüre einer begleitenden Buchausgabe sogar als bevorzugt zu empfehlen.
Ja, nichts ersetzt die Erfahrung tatsächlich vor Picassos „Guernica“ gestanden zu haben. Wenn diese Erfahrung allerdings mit mehr Mühen als Belohnung verbunden ist, muss jede:r für sich selbst entscheiden, ob einen schönen Kunstdruck bei sich zu haben nicht die einfachere Lösung wäre.
Knifflig wird es bei jedem Begleitbuch in puncto visuelle Umsetzung: nicht immer sind in den Büchern die Drucke in voller Pracht zu bewundern.
Bei der Munch-Ausgabe ist dies jedoch der Fall: sowohl diejenigen Künstler:innen, die aufgrund thematischer, historischer oder persönlicher Berührungspunkte mit Munch im Band vorkommen (Francis Bacon, Georg Baselitz, Miriam Cahn, Peter Doig, Marlene Dumas, Tracey Emin, Jasper Johns und Andy Warhol), als auch Edvard Munch selbst werden mit wunderschönen hochwertigen Drucken repräsentiert, die stets getrennt von den – ebenso ergiebigen und interessanten –Texten zu Werken und Autoren und stets auf der vollen Seite abgebildet sind.
Auch diese Ausgabe ist parallel englischsprachig erschienen – unter dem Titel „Munch in Dialogue„.
Der thematischen Vollständigkeit halber sei noch auf das Genre der Coffee Table Books hingewiesen, die (meiner Erfahrung nach) meistens ohne viel (Kon)text visuell ansprechend gestaltet sind und exakt dem Namen nach fungieren sollen: rumliegen, dekorativ sein, schön aussehen. Auch solche Bücher (beispielsweise „Erotische Kunst“ von Hans-Jürgen Döpp oder ein Buch mit Kunstdrucken von Tätowierungen schmücken meine Bücherregale nicht mit dem Rücken, sondern der Vorderseite) können einiges an visuellem Input beitragen und bestenfalls Interesse für eine Themenrecherche wecken – dennoch bevorzuge ich persönlich Kunstbücher mit gehaltvollen Textbeilagen.
Um mit dem kleinsten und schönsten Teil eines Museumsshops zu schließen: Einzelbilder nehme ich gerne in Form von Postkarten mit nach Hause, wo sie oft einen Platz in kleinen Fotorahmen finden und im Wechsel diverse Ecken des Arbeitszimmers verzieren.
Diese Vorliebe hat durch einen glücklichen Zufall zu meiner Postkartensammlung von Sibylle Merian und zur ästhetischen Gestaltung meines Bookstagram-Feeds geführt.
Besuchst Du gerne Kunstausstellungen? Empfindest Du Kunstbücher als selbstständige Medien, nützliche Begleiter – oder überflüssige Platzhalter?
Auf Deine Gedanken zum Thema freue ich mich sehr.
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