Die Montagsfrage #47 – Kann man Rezensionsexemplare objektiv beurteilen?

Die Montagsfrage ist ein Dialog, der allerlei Themen bezüglich diverser Aspekte des Literaturbetriebs umfasst. Die Frage wird wöchentlich gestellt von Antonia bei Lauter&Leise.

Diesmal geht es um grundsätzliche Objektivität beim Bloggen über Literatur. Ich teile meine Gedanken über die Unterschiede beim Lesen und Beurteilen von selbst gekauften Büchern und gratis erhaltenen Rezensionsexemplaren.


Aus gegebenem Anlass bespreche ich diesmal eine bereits vor einiger Zeit gestellte Montagsfrage. Obwohl das Thema bereits diskutiert wurde, bevor ich Antonia und ihre großartige Bloggercommunity entdeckt habe, finde ich diese Frage besonders interessant.

Die Frage lautet: Kann man Rezensionsexemplare objektiv beurteilen?

Kurz gedacht hängt diese Frage an einer wesentlich komplexeren Frage: Kann man Bücher objektiv rezensieren? Diese sehr vielschichtige Fragestellung ist im Grunde genommen schnell beantwortet. Natürlich nicht, denkt man sich zunächst. Man mag Bücher aus ganz individuellen Gründen und findet auf einer persönlichen Ebene ansprechende Argumente in ihnen, die man dann im persönlichen Blog auch hervorhebt.

Dazu vertrete ich noch die Meinung, dass sehr gute Bücher immer eine polarisierende Reaktion hervorrufen. Dass ein Roman von allerlei Lesern gemocht wird, deutet meistens auf eine zeitgenössisch gut gewählte Thematik, raffiniertes Marketing oder Beliebtheit des Autors hin. Auch das ist bereits subjektiv, denn als Leser im Jahr 2021 bin ich von meiner Gegenwart geprägt.


Um das länger auszuführen: ein Roman, der sogenannte „große“ Themen umfasst, ist in unterschiedlichen Zeiten trotzdem aus unterschiedlichen Gründen beliebt. Ebenso entwickeln sich zeitenübergreifende Themen erst nachdem mehrere Zeitabschnitte mit solchen Themen umfasst hat. Genügend Autoren sind erst nach ihrem Tod berühmt geworden – von Künstlern mal ganz abgesehen. Daher ist Objektivität als eine absolute Kategorie gänzlich ausgeschlossen.

Genauer gibt es immer gewisse inhaltliche, figurentechnische, stilistische und andere individuelle Ansprüche, die man an ein Buch stellt. Hält man jedoch auch ein Rezensionsexemplar an diesen Ansprüchen fest? Hier sind wir bei Begriffen wie Integrität und Ehrlichkeit angekommen, die zumindest bei kritischen und fundierten Buchbesprechungen eine wichtige Rolle spielen.

Eine fundierte Rezension untersucht das Objekt der Besprechung und Beurteilung aus so vielen Perspektiven wie möglich. In meinen Rezensionen achte ich auf: Thematik, Inhalt, Haupt- und Nebenfiguren, allgemeine Reflektiertheit, intellektuellen Wert, emotionalen Wert, zeitgenössische und intertextuelle Kontexte. Das sind alles subjektiv ausgewählte und subjektiv interpretierte Kriterien. Dennoch bilden diese kleinen Teilchen ein objektives Ganzes, sobald es mir gelingt, aufgrund derselben Kriterien Positiva und Negativa eines Romans hervorzuheben.


Da ich sowohl bei Rezensionsexemplaren als auch selbst gekauften Büchern bereits im Vorfeld genau darauf achte, wofür ich meine Zeit ausgebe, ist es meiner Meinung nach durchaus möglich, die gewählten Rezensionsexemplare mit demselben Maßband zu messen wie die selbst gekauften. Es liegt natürlich an mir, dieses Maß anzuwenden, doch spricht der Ton und der Inhalt meiner Rezensionen – gemäß meiner subjektiven Meinung – dafür, dass ich das tue. Ob es bei anderen auch so ist, zeigt sich anhand der respektiven Beiträge auch relativ schnell.

Grundsätzlich hat jeder Roman gute und schlechte Eigenschaften – und gerade daraus ergibt sich meistens die Ambivalenz, die das Lesen interessant macht. Sind nicht gerade diejenigen Hauptfiguren unglaublich spannend, die als Protagonist und Antagonist zugleich interpretiert werden können? Macht es nicht gerade dann Spaß, über die Lesarten eines Buchs zu diskutieren, wenn man den Resonanzboden sehr weit ausdehnen kann?
Meines Erachtens ist genau dies der Fall.


Nun bin ich aber gespannt auf eure Meinung. Ist es möglich ein Buch objektiv zu lesen und zu besprechen? Hat das ganze bei Rezensionsexemplaren eine andere Dynamik? Versucht ihr, bei Rezensionsexemplaren immer ausschließlich die positiven Aspekte zu betonen?

Auf eure Resonanz in den Kommentaren freue ich mich sehr!


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