
Die Montagsfrage ist ein Dialog, der allerlei Themen bezüglich diverser Aspekte des Literaturbetriebs umfasst. Die Frage wird wöchentlich gestellt von Antonia bei Lauter&Leise.
Diese Woche geht es um dringende Buchempfehlungen und ihren Platz im Stapel ungelesener Bücher.
Die Montagsfrage #121 lautet: Welche Bücher wurden euch mit dem Satz ‘Das musst du unbedingt lesen’ empfohlen, habt ihr aber bis jetzt noch nicht gelesen?
Die erste brennende Folgefrage in diesem Kontext ist eher: Ist es überhaupt noch möglich und/oder legitim, einer Buchbesessenen, die gefühlt sämtliche Verlags-Newsletter abonniert und Neuerscheinungen vor dem Veröffentlichungsdatum im Briefkasten hat, ein Buch mit dem Kommentar „das musst du unbedingt lesen“ zu schenken?
Definitiv, ja – denn es gibt immer noch wesentlich mehr Autoren, Länder, Kulturkreise, Themen, Ideen und Klassiker als dass eine Person (auch wenn sie eine sehr gute Community sowohl hier als auch auf Instagram um sich gesammelt hat) diese alle sichten, einschätzen und lesen kann.
Der schwierigere Aspekt ist an dieser Stelle den gemeinsamen Buchgeschmack zu finden. Menschen, die sich regelmäßig mit etwas beschäftigen, haben in dieser Nische eben einen ausgeprägten Geschmack. Wenn wir die Logik auf Wein- oder Zigarrenkenner, Kunstsammler oder anderer Art Gourmets ausweiten, kommt ein zumindest für meine Logik wichtiger Aspekt zum Vorschein, der auch auf die Buchempfehlung übertragen werden kann und sollte:
Habe ich genügend Kenntnisse zur Person und zur Nische, um ein den Ansprüchen entsprechendes Geschenk auszuwählen?
Denn eher erwartet den Schenker selbst eine Enttäuschung, wenn die Begeisterung zum tollen Alnatura-Wein auf ein eher gezogenes Lächeln stößt – nicht, weil ersteres nicht gut schmeckt, sondern weil es sich um einen französischen, schwereren Wein handelt und der Empfänger lieber leichtere, bevorzugt italienische Rebsorten mag. So kann der Krimi oder der Fantasy-Roman, den ein:e Leser:in herausragend findet, schon aufgrund seines Genres für andere vollkommen uninteressant bleiben.
Buchgeschmäcker sind genauso unterschiedlich wie Menschen. Dass man als Leser eine sehr persönliche und emotionale Erfahrung mit einem Roman gemacht hat, muss allerdings nicht heißen, dass die beste Freundin, die bei eurer letzten Unterhaltung für die emotionale Erfahrung durchaus Empathie und persönliche Assoziationen aussprach, auch für den entsprechenden Roman dieselbe Begeisterung empfindet.
Was nun mich persönlich betrifft – denn schließlich möchte ich auch die eigentliche Frage beantworten und euch nicht länger auf die Folter spannen 😉
– habe ich generell einen sehr spezifischen Geschmack, genieße um mich herum eine minimalistische Ästhetik und mag keinen unnötigen Nippes. Daher hat es sich mit Geschenken größtenteils so etabliert, dass ich Wünsche äußere und diesen nachgekommen wird. Sehr unzeremoniell und praktikabel finde ich in diesem Kontext Amazon-Wunschlisten – auch wenn ihr den Konglomerat selbst nicht unterstützen wollt, könnt ihr dennoch auf diesem Wege euren Freunden und Familie mitteilen, welche Geschenke, darunter Bücher, ihr gerne haben würdet. Anhand dieser Liste kann eine Buchaffine Person auch deduzieren, ob das musst-du-unbedingt-lesen-Buch so ungefähr auf den Geschmack passt.
Kaufen kann man die Sachen dann ja auch anderswo.
Was nun persönliche Empfehlungen betrifft, ist das Ganze eine schwierige Angelegenheit. Ich folge regelmäßig Empfehlungen von Bookstagram, und habe darauf basierend bereits einige herausragende Leseerlebnisse bekommen. Da treffe ich die Entscheidung, das Buch zu kaufen oder ein Rezensionsexemplar anzufragen meistens selbst.
Das letzte nicht selbst ausgesuchte Buchgeschenk habe ich von einer buchaffinen Freundin zu Weihnachten 2020 erhalten und eigentlich versprochen, es bis Mai gelesen zu haben. Sie hat einen sehr guten Geschmack und es ist auch kein 500-Seiten-Roman – dennoch kann es noch bis Weihnachten 2021 dauern, bis ich es mir anschaue.
Die persönlichen Präferenzen und Interessen überwiegen bei mir nämlich meistens das „musst du unbedingt lesen“ – denn auch meine eigenen Klassiker-Leselisten und Zu-kaufen-Listen für Bücher bewegen sich üblicherweise im dreistelligen Bereich.
(Zur Ergänzung: Ich kaufe ca. zweimal im Jahr eine größere Menge Bücher und behalte die restliche Liste erst einmal als Merkliste, damit auch alles der Reihe nach ausgelesen wird. Der Rest bleibt dann als Lesezeichen gespeichert und wird ab und zu wieder nach Autorenrecherche und Lektüre der Leseproben reduziert. Aktuell beträgt die Kaufliste ca. 50 und die Klassiker-Liste ca. 200 Bücher. Einige Neuerscheinungen sitzen auch noch hoffnungsvoll auf meiner Amazon-Wunschliste. Ich arbeite zwar aktiv alles ab, allerdings vergrößern sich die Mengen selbstredend genauso regelmäßig wie Neuerscheinungen veröffentlicht werden.)
So schwer ist eben das Leben als Buchbesessene. 😉
Könntest Du mir anhand meines Lesegeschmacks eine direkte Empfehlung aussprechen? Wie oft verschenkst Du Bücher mit dem Vermerk „unbedingt lesen“? Liegen in Deinem Regal noch geschenkte Bücher rum, zu denen Du nicht so richtig kommst?
Ich freue mich auf Deine Gedanken zum Thema.
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Ich tue mich tatsächlich auch mit den das-musst-du-unbedingt-lesen-Empfehlungen sehr schwer. Zum einen habe ich, denke ich, auch einen sehr begrenzten Buchgeschmack. Auf der anderen Seite habe ich, wie du auch schon meintest, eine lange Liste mit Wünschen und Neuerscheinungstiteln, die auch umsorgt werden will. Daher vermerke ich mir die Bücher als Liste, um sie dann nach meinem System und Recherche einzuordnen, ob ich sie auch lesen will.
Mit Buchgeschenken verfahre ich auch ähnlich, wie du. Entweder wünsche ich mir Gutscheine für die gängigen Buchgeschäfte, oder äußere explizite Wünsche. Die einzige Person, die mir außerhalb davon Bücher schenkt, ist meine Mama: meist philosophische Bücher, die sie im Laden angesprochen hatten. Gelesen habe ich davon bisher allerdings noch keine, weil ich meistens selbst mit meinen eigenen Büchern ziemlich hinterherhänge, da die sich auch nicht mal an einem Wochenende lesen lassen.
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Eben – und dann sitzen die armen Bücher unberührt im Regal. Gerade bei Büchern finde ich das traurig, im vergleich zu irgendwelchem Nippes, was eh niemand gebrauchen kann. Eventuell würde jemand anderes dasselbe Buch ja mit Begeisterung lesen. 🙂
Immerhin werden Individualismus und spezifischer Geschmack mittlerweile weitestgehend akzeptiert – meine Familie und Freundinnen sind schließlich auch immer froh, dass ich selber Wünsche äußere und somit die Option eines nicht gefallenden (Buch-)Geschenks ausschließe. Die aktiven „musst-du-unbedingt“ Empfehlungen halten sich zum Glück sowieso in Grenzen (Buchbegeisterung wird meistens verbal o.ä. geteilt und wenn der Autorin/die Autorin dann nicht mein Geschmack ist, erwähne ich das im Gespräch auch nebenbei, um unerwünschte Überraschungs-Neuzugänge zu meiden 😉
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Also ich finde auch das es die beste Lösung ist sich einfach Gutscheine schenken zu lassen oder Listen hat an denen sich die Leute orientieren können.
Ich kenne das mit meinem Filmwahn ganz ähnlich. Mann kann unmöglich alles gesehen haben. Ich meine gelesen zu haben das in Indien, jährlich knapp 1000 Filmw produziert werden. In Hollywood sind es glaube ich mindestens die Hälfte. Dann kommen bei einem Freak wie mir auch noch viele andere Länder hinzu. Deshalb man kann niemals alles gesehen haben, dazu reicht ein Leben auch nicht. Ob man denn auch wirklich alles gesehen haben muss, das steht auf einem anderen Blatt.😅
Um es kurz zu machen, man bekommt immer Tipps oder manchmal auch einfach Gesehenke die man noch nicht kennt. Das kann aber auch schnell nach hinten los gehen, es sei denn die schenkende Person kennt dich und deine Filme ganz genau.
Um den Bogen wieder etwas zu Büchern zu spannen, sie sind einfach auch viel Zeitaufwendiger. Wenn einem jemand einen Film schenkt der einem einfach nicht interessiert, kann man ihn halt trotzdem mal anschauen da er höchstens
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Ups..bin aus Versehen auf den Sendeknopf gekommen.
Also einen Film kann man trotz Desinteresse mal schauen, da er nicht so Zeitintensiv ist. Bei Büchern ist das schon schwieriger. Deshalb sind Geschenklisten da wirklich sehr gut, keiner gibt für etwas unnötiges Geld aus und niemand ist verletzt weil man das geschenkte Buch nie liest.
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Die Filmproblematik kenne ich als Filmliebhaberin auch nur all zu gut. Einen weniger guten Film kann man ja mit zwei Stunden Zeitaufwand kurz ansehen, oder eben durchklicken – bei Büchern ist der Zeitaufwand wesentlich höher, da Stimme ich Dir vollkommen zu.
Eine andere Idee wäre natürlich, die Leseprobe des Lieblingsbuchs mit dem Gutschein als kleine Empfehlung in die Hand zu drücken – als Parallelidee zum Filmtrailer 🙂
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Das stimmt, das ist auch eine Idee.
Mir ist gerade noch eingefallen das es bei Büchern ja nicht nur die Zeit ist sonder auch der Aufwand. Man muss sich ja teilweise deutlich mehr konzentrieren als bei einem durchschnittlichen Film und das kann dann ganz schnell in Arbeit ausarten die einfach etwas quälend ist.😅
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